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Theile & Wagner feiert 150-jähriges Firmenjubiläum

Historie

Wann wurde Theile & Wagner gegründet?

Am 26. Mai 1871 von Johann Georg Theile als Eisenwaren- und Werkzeugggeschäft gegründet, umfasste das Sortiment des Handelsgeschäfts in den ersten Jahrzehnten Handwerkerbedarf und Werkzeuge, Profileisen sowie bis zu 6 Meter lange Stabeisen. Erst später kamen Haushalts- und Spielwaren dazu.

Warum heißt das Geschäft Theile & Wagner?

In den ersten 50 Jahre trug das Geschäft den Namen des Gründers: Georg Theile. Dieser Name findet sich noch heute in großen Lettern über dem Einzelhandelsgeschäft auf der Reichenberger Straße. Während der Inflation und Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren arbeitete Hans Theile, Sohn des Gründers, eng mit dem Händler Richard Wagner zusammen. Dieser tritt 1921 dem Geschäft mit einer Minderheitsbeteiligung bei. So wird aus der Einzelfirma Georg Theile die Offene Handelsgesellschaft Theile & Wagner.

In welchem Zittauer Ladengeschäft nahm Theile & Wagner seinen Ursprung?

Beheimatet ist das Geschäft zunächst auf der Inneren Weberstraße, im Haus der heutigen Pizzeria Cavallino. Erst etwa 20 Jahre nach der Gründung zieht Georg Theile 1891 auf die Reichenberger Straße. Durch umfangreiche Umbauten entstehen hier große Schaufenster und Verkaufsräume auf zwei Etagen. 1991 ziehen dann der Handwerker- und Industriebedarf weiter auf die Gerhart-Hauptmann-Straße, da die Nachfrage nach diesem Sortiment stieg und durch eine Immobilie außerhalb der Innenstadt die Handwerker besser erreicht werden konnten.

Ist Theile & Wagner ein Familiengeschäft?

Ja. Gegründet wurde das Geschäft von Georg Theile. 1910 folgte sein Sohn Hans Theile in die Fußstapfen, 1944 wiederum dessen Tochter Marianne Latuske, geb. Theile. Anschließend gab es einen Sprung innerhalb der Familie, da Marianne Latuske selbst keine Kinder hatte. Der Sohn ihrer Schwester, Dieter Schwarzbach, stieg ab 1954 als Miteigentümer ein und übergab die Leitung wiederum an seinen Sohn Matthias Schwarzbach im Jahr 1993. Seit Herbst 2019 lernen er und Ehefrau Martina ihren Sohn Christian und Schwiegertochter Marie Schwarzbach an, die Geschäftsführung im Fachgroßhandel für Werkzeug- und Industriebedarf, einem der beiden Geschäftsbereiche, zu übernehmen. Damit geht Theile & Wagner in die 6. Generation.

Theile & Wagner hat zwei Weltkriege, Inflationszeit und Weltwirtschaftskrise erlebt. Wie resümmiert Dieter Schwarzbach, Inhaber des Geschäfts in der 4. Generation, diese Zeiten?

1946 spricht er in seiner Festrede zum 75-jährigen Jubiläum von Theile & Wagner von „schweren Zeiten“ durch die das Geschäft gegangen ist. Die Materialknappheit während der Weltkriege und schwere wirtschaftliche Sorgen hätten seinen Großvater Hans Theile geprägt. Von dessen Tochter Marianne Latuske übernahm Dieter Schwarzbach wiederum das Geschäft. Von ihr berichtet er aus der Zeit der Inflation in den 1920er Jahren: „In dieser Zeit war auch meine Tante Marianne Latuske erstmalig im Geschäft tätig und zwar rechnete sie an der Kasse die schwierigen Rechnungen bis in die Millionen aus. Sie selbst hatte ein Monatsgehalt von einer Million Reichsmark.“ Dazu muss man wissen, dass bspw. ein Kilo Kartoffeln im Juni 1923 in Berlin „nur“ 5.000 Reichsmark kosteten, im November kurz vor dem teilweisen Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft und des Bankensystems dann 90 Milliarden Reichsmark.

Wie ging es mit Theile & Wagner nach dem 2. Weltkrieg weiter?

Dieter Schwarzbach, Inhaber in 4. Generation, erinnert sich 1946: „Wenn auch mancher Schaden durch den Bombenangriff in Zittau und im Geschäft verursacht worden war – nicht zuletzt durch Plünderungen im Wert von 14.000 Mark – wurde der Laden nach 4 Wochen langer Arbeit wieder verkaufsfähig gemacht und am 4. Juli 1945 nach Genehmigung neu eröffnet. Die Hauptschwierigkeit bestand jedoch nach wie vor in der Materialbeschaffung,“

Was war rückblickend ein Wunder für Theile & Wagner zu DDR-Zeiten?

Im Jahr 1972 verstaatlichte die SED fast alle bis dahin verbliebenen Privatunternehmen in der DDR. Theile & Wagner blieb hingegen in privater Hand. „Das war ein großes Glück“, resümmiert Matthias Schwarzbach, Geschäftsführer des Familienbetriebs in 5. Generation. „Viele Industriebetriebe aus der Region kauften damals bei uns ein: unter anderem Robur und das Textilkombinat Zittau. Gefragt waren zum Beispiel Spülkästen, Handsägeblätter oder Drahtbürsten. Dafür sind wir mit dem Trabant und Hänger bis nach Tharandt oder Spremberg gefahren. Und noch bevor wir auf dem Hof zurückkamen, hatten wir eigentlich alles schon verkauft. Die Beschaffung von Waren war eine echte Herausforderung, der Verkauf nicht. Heute ist es umgekehrt.“

Wie ging es nach der Wende mit Theile & Wagner weiter?

„Zuerst verloren die meisten DDR-Waren rapide an Wert“, berichtet Matthias Schwarzbach, Inhaber des Geschäfts in 5. Generation. „Davon gab es nun genug und dazu qualitativ bessere West-Waren. Unsere DDR-Lieferanten lieferten auf einmal die gesamte Jahresmenge, die wir vorher nur in Teilmengen erhalten hatten – so saßen wir auf 10.000 Metallhandsägeblättern fest. Dann gab es viele neue gesetzliche Vorschriften zu beachten: Sozialabgaben, Mehrwertsteuer, Preiskalkulation. Wir mussten neue Lieferanten suchen, uns mit EDV auseinandersetzen.“

Neben diesem Umlernen, stand Theile & Wagner Anfang der 90er vor zwei großen Herausforderungen: „Zum einen wurde der Handwerkerbedarf mehr nachgefragt als das Einzelhandelssortiment mit Haushalts- und Spielwaren. Das Sortiment wurde umfangreicher und wir benötigten mehr Platz“, so Matthias Schwarzbach. 1991 zog der Großteil des Eisenwaren- und Handwerkerbedarfs auf die Gerhart-Hauptmann-Straße mit anfangs drei neuen Mitarbeitern.

„Zum zweiten war das Stammhaus in der Reichenberger Straße sehr sanierungbedürtig. 1994 konnte mit der umfangreichen Modernisierung begonnen werden. Dazu war das Geschäft ein halbes Jahr geschlossen. Der Verkauf in der neuen Filiale auf der Gerhart-Hauptmann-Straße war zum Glück schon gut etabliert“, erinnert sich Matthias Schwarzbach. Mittlerweile zählen hier viele mittelständische Baubetriebe und Tischlereien zu den Kunden. Baubeschläge sind ein Segment, das sich dank der Mitarbeiter gut entwickelt hat. Im Einzelhandel auf der Reichenberger Straße sind die Spielwaren ein Zugpferd geworden, wenn auch der Onlinehandel eine große Konkurrenz darstellt.

Wie sieht die Perspektive für Theile & Wagner nun nach 150 Jahren aus?

Aktuell steht Theile & Wagner mitten in der Nachfolge in die 6. Generation: Seit 2019 lernen Geschäftsführer Matthias Schwarzbach und seine Ehefrau Martina ihren Sohn Christian und Schwiegertochter Marie Schwarzbach an, die Geschäfte im Fachgroßhandel für Werkzeug- und Industriebedarf, einem der beiden Geschäftsbereiche, zu übernehmen. „Als mein Sohn Christian Ende 2018 auf mich zu kam und sagte, dass er prüfen will, ob er es weitermacht, war ich überrascht. Aber ich freue mich, wenn ich es vielleicht auch nicht so offensichtlich zeige – wohlwissend, dass er aus einer ganz anderen Richtung kommt und mit einigen Dingen zu knaupeln haben wird. Aber wir haben auch mit manchen Dingen zu kämpfen gehabt – wir hatten keine EDV, keinen Außendienst, keine Kataloge, haben einen 10 Jahre dauernden Mietvertrag für den Großhandel unterschrieben, obwohl wir nach der Wende nicht wussten, was kommt“, so Matthias Schwarzbach. Unternehmensnachfolger Christian Schwarzbach fügt hinzu: „Für meine Frau und mich stand der Wunsch im Raum, beruflich neue Wege zu gehen und zugleich die Frage, wie es mit dem elterlichen Lebenswerk nach deren Ruhestand weitergeht. Nach einer kritischen Prüfung in Gesprächen mit IHK und Unternehmensberatungen und der einjährigen Mitarbeit ab Herbst 2019 stand fest: Ja, wir machen das.“ - nicht ahnend, dass bereits kurz danach mit der Corona-Krise die erste Herausforderung wartete. In den kommenden Jahren gehen sie den Generationswechsel im Fachgroßhandel an: Christian und Marie Schwarzbach wollen die guten Kundenbeziehungen ausbauen, den stationären mit dem Onlinehandel verbinden und Fachkräfte gewinnen. Zuversichtlich stimmt sie die starke regionale Verankerung und treue Kundschaft, engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die 150-jährige Tradition, die zeigt, dass schon so mancher Umbruch erfolgreich gemeistert wurde.